Hallo zusammen
Ich weiss, dass bereits viel über den Einbau von LiFePO4 anstelle der Original-AGM-Batterie geschrieben worden ist. Über die von mir verbauten Bulltron-Batterien ist aber bisher nur wenig bekannt, da es diese noch kein Jahr auf dem Markt gibt. Doch warum habe ich auf LiFePO4 umgestellt? Ich hatte festgestellt, dass meine Standardbatterie (Varta Dual Purpose 95 Ah AGM) nach einer Nacht Wintercamping (Standzeit etwa 16 Stunden) regelmässig zu fast 70% entleert war (bis 11.8 V was scheinbar etwa 32% Restladung entspricht. Die Varta soll allerdings regelmässige Entladungen bis 30% Restladung vertragen, wobei die Zyklenzahl wohl auf etwa 2/3 der bei 50% DOD angegebenen 400 Zyklen reduziert wird (also auf etwa 260 Zyklen). Damit bei der Ankunft immer genügend Strom vorhanden war bzw. die Batterie zu 100% geladen war, musste während der Fahrt auch immer ein starker Stromverbraucher (Sitzheizung oder Klimaanlage) eingeschaltet werden. Andernfalls war sie nur zu 80% gefüllt. Diesen Punkt hätte man allerdings mit einem Ladebooster lösen können. Aber:
- Um genug Strom zu haben, musste der Boiler auf niederster Stufe betrieben werden.
- Der Beifahrersitz hat beim Verstellen immer an der Batterie gestreift. Das hat mich enorm gestört.
- Ziel war, 48 h ohne Stromanschluss stehen zu können, ohne dass auf den Stromverbrauch geachtet werden muss.
Original verbaute VARTA 95Ah AGM-Batterie. Gut sichtbar sind die Spuren, welche der Beifahrersitz an der Isolation des Batterie-Pluspoles hinterlassen hat.
Um den Stromverbrauch in den Griff zu bekommen, gibt es diverse Umbaumöglichkeiten
- Reduktion des Strombedarfs von Boiler und Heizung durch zusätzliche Isolation des Fahrzeugs (Effekt vermutlich gering, da hoher Wärmeverlust im Aufstelldach).
- Zweite AGM-Batterie (wenn ich jetzt 16 Stunden stehen kann, sind es danach aber immer noch nur 32 Stunden, was auch noch nicht 2 Tagen entspricht – 2 Tage kann ich aber stehen, ohne Abwasser leeren oder Wasser auffüllen zu müssen.
- Einbau eines Hybrid-Systems bestehend aus einer AGM und einer LiFePO4-Batterie. Dieses System ist sicherer bei tiefen Temperaturen, braucht aber ein geeignetes BMS der LiFePO4 oder einen zusätzlichen Batteriecomputer.
- Einbau von 2 LiFePO4-Batterien, welche ich schneller voll bekomme, als die AGM und welche ich tiefer entladen kann.
- Eine Kombination von obigen Punkten mit einer Zusatzisolation des Fahrzeuges.
Ich habe mich für 2 LiFePO4 entschieden.
Welche LiFePO4 soll es denn sein?
- Im VW T6 nimmt die Untersitzhöhe von hinten nach vorne rasch ab.Ganz hinten hat eine Batterie mit einer Höhe von 19.5 cm und einer Tiefe von 17.5 cm und mit Standardbreite Platz. Ist diese etwas nach Vorne geschoben, streift aber bereits der Sitz beim Verstellen an den elektrischen Anschlüssen (was bei mir in der Originalkonfiguration der Fall war).
- Es passt also laut VW nur je eine Batterie im DIN H7/L4-Format hinein. Im Club Joker City passt dabei sogar die normale Batteriebreite, weil Westfalia den Untersitzkasten etwas angepasst bzw. ein Stabilisierungsblech etwas gekürzt hat.
- Werden die Sicherungen im Beifahrersitzkasten verschoben und das Batteriehalteblech getauscht, können auch etwas grössere Batterien liegend (Batteriehöhe im Sitzkasten so maximal 17.5 cm) verbaut werden.
Ich habe mich für Batterien mit Standard-DIN-Höhe und -Tiefe aber geringerer Breite entschieden und unter dem Fahrersitz (bisher keine Batterie) ein im Internet bestellbares Ersatz-Batteriehalteblech für VW T5 und T6 eingebaut.
Die Batterien sollten bei Minustemperaturen ladbar sein
- Es gibt verschiedene LiFePO4-Batterien mit eingebauter Zellheizung. Problem dieser Batterien: Sie sind meist von den Abmessungen her grösser und passen nicht standardmässig unter den VW-T6-Sitz. Auch besteht gemäss Büttner Elektronik die Gefahr der Überhitzung an heissen Sommertagen.
- Die LiFeYPO4-Zellen von Winston lassen sich wegen ihrer Abmessungen nur mit grossem Aufwand so anordnen, dass sie inklusive BMS unter den T6-Sitz passen. Zuviel Aufwand wollte ich mit der Batterie aber nicht betreiben.
- Die LiFePO4-Batterien von Büttner Elektronik, i-tecc und Bulltron sind mit neuen prismatischen Zellen ausgestattet, welche ebenfalls einen Zusatz (nicht Y, es wird aber nicht mitgeteilt, was es ist) enthalten sollen, welcher die Ladung bis -20°C bei 0.05C Ladestrom (-20°C bis 0°C) erlaubt. Bei einer 100 Ah-Batterie sind das immerhin noch 5A Ladestrom. Büttner erwartet, dass das Ladegerät die Ladeleistung unter 0°C entsprechend reduziert. Das BMS von i-tecc reduziert selber und erlaubt eine Ladung bis -20°C, das BMS der Bulltron reduziert ebenfalls selber und erlaubt eine Ladung bis -10°C. Ich habe im Internet mal einen Test aus dem Jahr 2014 gefunden (ich finde ihn leider nicht mehr), welcher zeigt, dass sich die maximale Zyklenzahl, wenn nur unter 0°C geladen wird, halbiert. Damit wären es bei der Bulltron und 100% DOD noch 1750 Zyklen. Und es dürfte ja mehrheitlich über 0°C geladen werden.
Ich habe mich für 2 Bulltron 100 Ah entschieden, da diese Batterien viel weniger breit sind, als die andern. Dadurch kann seitlich zur Batterie noch ein Votronic 1212-50 – Ladebooster verbaut werden, d.h. das grössere Modell gegenüber dem hier im Forum meist verbauten Votronic 1212-30. Die Votronic-Geräte reduzieren allerdings den Ladestrom bei LiFePO4-Einstellung unter 0°C auf den reduzierten Strom der kleinsten möglichen Batterie und entsprechend den in der Anleitung angegebenen Herstellern. Bei der Einstellung 14.4 V (gemäss Bedienungsanleitung ideal für z.B. Büttner, kleinste Batterie 75 Ah) also auf 0.05C von 75 Ah = 3.75 A. Die Batterie lädt also so unter 0°C nur mit 3.75 A Ladestrom.
Die Bulltron unter dem Fahrersitz mit links daneben dem Votronic Ladebooster
Detail vom letzten Bild. Der Votronic ist hier noch auf 14.6 V Ladespannung gestellt
Bulltron unter dem Beifahrersitz
Was erträgt eigentlich die Elektrik des T6?
Das Basisfahrzeug des Club Joker City ist ein T6-Transporter (Kastenwagen) mit diversen Zusätzen (für den T6.1 hat sich hier vielleicht etwas geändert). Für die Elektrik unter den Sitzen wichtig:
- Option 8GV (Drehstromgenerator 180 A)
- Option ZX6 (Camper-Vorbereitung)
- Option IS1 (Elektrische Schnittstelle für externe Nutzung)
Hier stellt sich für mich weiterhin eine Frage. Die Campervorbereitung beinhaltet das Stromkabel von der Starterbatterie zum Fahrersitzkasten, abgesichert mit der Streifensicherung, Position SA-3 unter der Starterbatterie. Aus den Stromlaufplänen geht hervor, dass das Kabel je nach Ausbautyp (Polizeifahrzeug, VW-California, Campervorbereitung etc.) entweder 16 mm² (Sicherung 125 A) oder 10 mm² (Sicherung 50 A oder 100 A) ist. Bei mir sind es 10 mm². Es ist mir aber nicht klar, ob die Campervorbereitung nun eine 50 A oder 100 A – Sicherung beinhaltet und die Starterbatterie und den Sicherungskasten wollte ich nicht ausbauen um nachzuschauen. Ich habe den Votronic 1212-50 deshalb auf einen maximalen Eingangsstrom von 49 A gestellt.
Umbau
Bei mir war bisher nur eine Batterie eingebaut. Entsprechend den Ausbaurichtlinien von VW habe ich für die weitere Batterie Kabel verwendet, welche bis mindestens 105°C betrieben werden können. Den Ladeadapter von Westfalia habe ich entsprechend der Empfehlung von Votronic eingebaut gelassen, und nicht durch die Starterbatterie-Ladefunktion des Ladeboosters ersetzt.
Ganz rechts der Westfalia-Ladeadapter von AXXELLON und gleich links daneben das Trennrelais in der Originalkonfiguration unter dem Fahrersitz
Die beiden Batterien unter dem Fahrer und dem Beifahrersitz habe ich mit 35 mm² – Kabeln verbunden (Verbindung gekreuzt, d.h. + an der ersten Batterie, Masse an der zweiten Batterie). Einseitig ist die Plusleitung mit einer Sicherung (125 A) abgesichert. Die VW-Richtlinien verlangen zwar eine beidseitige Absicherung. Da das BMS der Batterien aber eine Kurzschlusssicherung enthält, ist diese Absicherung automatisch vorhanden. Ursprünglich wollte ich einen starken Wechselrichter neben der Batterie unter dem Beifahrersitz verbauen. Die Notwendigkeit sehe ich aber inzwischen nicht mehr. Damit hätten es wohl auch dünnere Kabel zwischen den Batterien getan.
Netzladegerät
Da das originale Westfalia-Ladegerät die Spannung bei tiefen Temperaturen auf über 15 V erhöht und dies das BMS der Batterien etwas stark belastet, habe ich das Ladegerät durch ein Victron Blue Smart IP22 12-20 ersetzt. Dieses Ladegerät hat folgende Vorteile:
- Es ist via Bluetooth einstellbar.
- Es hat einen etwas höheren Ladestrom.
- Es hat 3 Ausgänge – einen für die Batterien, einen für die Steuerung der Zentralelektronik und des Ladeadapters der Starterbatterie. Eine Ausgang bleibt frei.
- Es hat eine selbst definierbare LiFePO4-Ladekennlinie.
Nachteil:
- Nur bei halbem Nennladestrom (hier also bei 10 A) ist das Ladegerät völlig geräuschlos.
Um es vorweg zu nehmen: Die dünne 4 mm² – Ladeleitung vom Netzladegerät zu den Batterien führt zu so grossen Spannungsverlusten, dass nur mit etwas mehr als 15 A geladen werden kann. Hier müsste die Ladeleitung getauscht werden.
Westfalia Mess-Shunt
Der Westfalia – Mess-Shunt zeigt nun immer volle Batterien an. Ich habe nicht herausgefunden, wie dies in der Steuerung umgestellt werden kann. Was ich herausgefunden habe: Im Service-Modus (unter dem Heizungssymbol kann neben der Innenraumtemperatur, der Kühlschrank-Eisfach-Innentemperatur und der Hardware- und Firmware-Version auch der am Mess-Shunt gemessene Strom angezeigt werden.
Bulltron-Batterien in der Praxis
Die nun verbauten Bulltron-Batterien funktionieren inzwischen gut. Es gab aber einiges an Startschwierigkeiten:
- Bulltron schreibt in der den Batterien beigelegten Anleitung, dass ihre Batterien mit einer Ladeschlussspannung von 14.4 V geladen werden müssen.
- Bei der angegebenen Ladeschlussspannung hat sich der Ladezustand von einer der beiden Batterien aber nicht mehr auf 100% SOC geeicht.
- Die Rücksprache mit dem innert weniger Minuten antwortenden Bulltron-Support hat dann ergeben, dass die eine Batterie (obwohl beide Batterien theoretisch vom gleichen Typ sind) auf 14.4 V und die andere auf 14.6 V Ladeschlussspannung gestellt war.
- Lösung von Bulltron: Einfach immer mit 14.6 V laden.
- Bei der Ladung mit 14.6 V hat die auf 14.4 V eingestellte Batterie leider keinen sauberen Ladeausgleich zwischen den 4 Zellen mehr durchgeführt, weil das BMS immer abgeschaltet hat, um eine Überladung der Zellen zu verhindern.
- Die auf 14.6 V gestellte Batterie zeigte in der App den BMS-Chipsatz und die Firmwareversion an, die auf 14.4 V gestellte Batterie zeigte überall 0000 an.
- Die auf 14.6 V gestellte Batterie hat irgendwann ein Reset durchgeführt (oder jemand auf einem Stellplatz hat mir einen Streich gespielt – das Passwort der Bluetooth-App von Daly lässt sich leider nicht ändern). Danach zeigte die Batterie falsche Ströme an. Z.B. immer -0.4 A, wenn kein Strom geflossen ist. Die Batterie zeigte also auch sofort einen völlig falschen Ladezustand an.
- Da ich wegen dem Zoll-Hin-und-Her die Batterie nicht nach Deutschland zum neu eichen geben wollte und da es in der Schweiz noch keine Bulltronhändler gibt, habe ich die Eichung nun selber durchgeführt und die Batterie auch gleich auf 14.4 V umgestellt. Nun funktioniert auch der Ladeausgleich zwischen den Zellen an beiden Batterien problemlos.
Innenleben der Bulltron-Batterien
Um die Eichung selber durchführen zu können, musste ich etwas mehr über die Batterien herausfinden:
- Im Innern sind 4 prismatische 105 Ah – Zellen verbaut.
- Beim BMS handelt es sich um eine OEM-Version eines Daly-BMS (LiFePO4 4S 12V 150A (Entladestrom 150 A / Ladestrom 75 A bzw. einstellbar / Bluetooh sowie UART (Monitor) – Schnittstelle).
- Die Verbindung zum PC geschieht über die Monitor-Schnittstelle (3-poliger Stecker) mittels eines Daly Monitor – USB – Adapters. Das Verbindungs-Protokoll ist das UART-Protokoll.
- Der mit UART angeschriebene Bluetooth-Anschluss kann nur mittels Firmwareupdate als UART-Schnittstelle genutzt werden. Dann funktioniert aber Bluetooth nicht mehr.
- Auf dem PC muss die BMS-Software von Sinowealth (Version V0.2) und der USB zu COM-Port Treiber CH340 (bei Sinowealth dabei) installiert sein.
- Damit kann das BMS geeicht und einzelne Parameter können angepasst werden. Überflüssig zu bemerken, dass man beim Öffnen der Batterie die 5-jährige Garantie verliert – ich habe deshalb nur eine Batterie geöffnet. So hat wenigstens eine noch Garantie.
Blick ins Innere einer Bulltron LiFePO4-100 Ah
Laden bei Kurzstreckenfahrten
Damit die Akkus bei Kurzstreckenfahrten oder Minus-Temperaturen nicht ständig voll geladen werden (LiFePO4-Batterien sollen länger halten, wenn sie nicht immer voll geladen sind bzw. nur bei Plus-Temperaturen geladen werden), habe ich als Sicherung zwischen der Zuleitung von der Starterbatterie zum Ladebooster einen 80A-Sicherungsautomaten verbaut, welchen ich vom Fahrersitz aus bedienen kann. Dieser ist im Alltagsverkehr normalerweise ausgeschaltet. Will ich, dass die Batterien beim Fahren geladen werden, schalte ich den Sicherungsautomaten vor dem Motorstart ein.
Sicherungsautomat unter dem Fahrersitz
Gruss Dieter